Von der Nulllinie auf 4.478 Meter

Besondere Spendenaktion für kinderherzen: Herzpatient und Bergsteiger Volker Nietmann lud am 10. Mai in den Dorfsaal nach Iversheim bei Bad Münstereifel, um seine Geschichte von der Besteigung des Matterhorns trotz Herzinfarkt zu erzählen. Sein Herzens-Projekt „Matterhorn bezwingen“ hatte er jahrelang fotografisch und filmisch festgehalten und den Vortragsabend zugunsten von kinderherzen organsiert.

Es ist nicht der Berg, den wir bezwingen – wir bezwingen uns selbst.

(Edmund Hillary)

Volker Nietmann aus Iversheim bei Bad Münstereifel hat das am eigenen Leib erlebt. Und zwar in übertragender und wörtlicher Hinsicht. Vor elf Jahren war Volker dem Tod näher als dem Leben. Mit nur 37 Jahren reißt ihn plötzlich ein Herzinfarkt aus dem Leben.

„Mir ging es den ganzen Tag über schon nicht so gut, ich fühlte mich verspannt im Nacken und oberen Rückenbereich und war schlapp. Trotzdem bin ich noch arbeiten gegangen.“ Auf dem Nachhauseweg schaute Volker aus einem Impuls heraus bei einer befreundeten Ärztin vorbei, die ihm sofort empfahl ins Krankenhaus zu fahren.

Herzstillstand

Gegen Abend entschied sich Volker dann schließlich zum Sitzdienst der ärztlichen Bereitschafspraxis zu gehen. Die diensthabende Ärztin schickte ihn aber wieder nach Hause – alles unbedenklich, hieß es. „Kurz hinter der Ausfahrt aus dem Parkhaus passierte es dann. „Mein Herz blieb während des Herzinfarkts stehen. Mein Glück war es, dass die Ärztin ja direkt vor Ort war und die Rettungskräfte schnell da waren. Ich musste insgesamt zwei Mal wiederbelebt werden.“

Glück im Unglück

Drei Tage lang lag Volker im Koma. „Die Ärzte sagen, es sei ein Riesenglück gewesen, dass ich überlebt habe. Bei jüngeren Menschen ist das Risiko am Herzinfarkt zu sterben viel höher als bei alten Menschen.“ Als Volker nach drei Tagen aus dem Koma erwacht, hat er keine Erinnerungen an den Tag des Infarkts. „Ich weiß aber noch sehr genau, dass sich die ganze Zeit im Koma, als ich mehr tot als lebendig war, nie schlimm oder bedrohlich angefühlt hat.“

Volker (2.v.l.) inmitten seiner Familie und engen Freunde bei der offiziellen Spendenübergabe mit Cornelia Schimmel (2.v.r.) und Herzbär Moritz von kinderherzen (Foto: Wolfgang Andres)

Sport als Lebensretter

Nach der Zeit im Krankenhaus ging es für Volker drei Wochen in die Reha-Klinik. „Da bin ich in ein sehr tiefes Loch gefallen und habe jeglichen Lebensmut verloren.“ Der Sport hat schließlich sein Leben gerettet. In der Reha begann er langsam mit regelmäßiger Bewegung. Und nach und nach merkte er wie die Lebensgeister wieder zurückkehrten.

Volkers Bergsteigerausrüstung

Der Traum ist geboren

Der lebensverändernde Aha-Moment war während des Walking-Trainings mit einem guten Freund. „Ich war als Kind mit meiner Familie bereits am Matterhorn und damals schon total fasziniert gewesen. Da sagte ich zu meinem Freund, dass ich einmal im Leben gerne da hochklettern würde.“ Der Freund konterte mit einem Satz, der alles ins Rollen brachte. „Dann los – wenn du es jetzt nicht machst, machst du es nie! Du kannst das schaffen!“

Volker kämpft sich zurück ins Leben

Von da an begann Volker mit dem gezielten Training. Tag für Tag. Schritt für Schritt. Sein Herz musste er sehr langsam an die neue Belastung gewöhnen. Nach Abschluss der Reha fing er relativ zügig wieder an zu arbeiten. „Das war mein persönlicher Ehrgeiz, ich wollte stark sein und mich nicht von dem Infarkt besiegen lassen.“ Das Matterhorn musste noch ein bisschen warten. Erst waren es andere Berge, die er bestieg.

Dank der tatkräftigen und mentalen Unterstützung und Hilfe seiner Freunde und Familie konnte Volker die Zeit nach dem Herzinfarkt und den Bergaufstieg schaffen.

Ein langer Atem macht sich bezahlt

Am 28. Juli 2018, zehn Jahre nach dem Infarkt, war der Moment dann da: Volker steht exakt um 8:26 Uhr auf dem Gipfel des Matterhorns. Kurz vor der Bergspirtzel, wo die Luft schon extrem dünn war, wurde es noch einmal ernst: „Es ging nur zentimeterweise aufwärts, bis wir über einen super schmalen Schneegrat den Gipfel erreicht haben. An beiden Seiten geht‘s da tausend Meter in die Tiefe.“ Vom ersten Training bis hierher war es ein beschwerlicher Weg und Volker hat mehr als einmal daran gedacht aufzugeben. Aber das hat er nicht. Aus eigener Kraft hat er die mentalen und körperlichen Hürden überwunden und die 4.478 Höhenmeter bezwungen. Von der Nulllinie aus.

Ein Moment der Glückseligkeit

Nach knapp zehn Minuten des grenzenlosen Glücks auf dem Gipfel des Matterhorns steht noch der stundenlange Abstieg bevor. Zurück in der Hörnlihütte unterhalb des Berges war Volker „so platt wie nie.“ Aber auch der glücklichste Mensch auf Erden.

Warnzeichen erkennen und auf seinen Körper achten

Rückblickend sieht Volker die stillen Warnzeichen für den Herzinfarkt viel deutlicher. „Mein Herz ist familiär vorbelastet. Außerdem habe ich vor dem Infarkt jahrelang viel geraucht, zu hohe Cholesterinwerte und sehr viel Stress gehabt.“ Seinen Lebensstil hat er seitdem geändert.

Eine klare Botschaft an alle

Der Vortragsabend im Iversheimer Dorfsaal war ein voller Erfolg. Über 300 Menschen sind Volkers Einladung gefolgt. Auch wir kinderherzen waren vor Ort und haben anschaulich über unsere Arbeit für herzkranke Kinder berichtet. Der Gastgeber hatte seinen Bergaufstieg filmisch dokumentiert, so konnten die Gäste hautnah miterleben, was Volker für seinen Traum mitgemacht hat. Der Moment als Volker auf dem schneebedeckten Gipfel sitzt, die Kamera auf sich richtet und keuchend hineinfragt: „Wisst ihr wo ich hier sitze? ICH SITZ‘ AUF DEM GIPFEL VOM MATTERHORN!“, ist ebenso ergreifend wie ermutigend. Seine Botschaft kommt an: Du kannst alles schaffen, du musst nur damit anfangen und an dich glauben!

Motivation für andere

Dank Volkers Spendenaktion kamen 6.240,46 Euro aus Spenden und dem Erlös der Getränke für kinderherzen zusammen. Eine Summe, auf die Volker sehr stolz ist. „Mit dem Geld kann den herzkranken Kindern sehr gut geholfen werden!“ Sein Engagement geht weiter: Er möchte mit seinem Film und der Mutmacher-Botschaft in Rehakliniken berichten und andere Menschen in derselben Situation motivieren sich nicht aufzugeben.

„Letztlich wollte ich den Berg nicht für mich besteigen, sondern damit auch anderen Menschen Mut machen, dass man auch nach einer schweren Krise noch große Ziele erreichen und seine Träume verwirklichen kann – natürlich unter ärztlicher Kontrolle.“

Das nächste Ziel hat Volker sich schon gesteckt: Entweder die legendäre Eiger-Nordwand oder den Mont Blanc, mit seinen 4.810 Metern der höchste Berg Europas …

Vielen Dank, Volker, für Deine besondere Spendenaktion für herzkranke Kinder. Deine Geschichte und Deine Art sie zu erzählen hat uns im Team sehr ergriffen! Schön, dass Du Dich für kinderherzen entschieden hast!
Dein Team kinderherzen

Wollen Sie auch eine Spendenaktion für kinderherzen organisieren? Es gibt unzählige Möglichkeiten aktiv zu werden. Einige gelungene Beispiele finden Sie hier auf unserer Website.

Fotos: Thomas Schmitz